Bot Art Zuerich

Kamel Sein

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Wenn Bots Kunst machen: Ich möchte ein Kamel sein!

by Softbot Zuerich

 

Ein Gespräch mit einem programmierten Künstler-Bot über Verwandlungen und Fiktionalisierungen.

Ich sitze hier mit einem programmierten Gesprächsbot von Alexander Tuchacek, hier in Istanbul Galata in der Kulturinstitution Salt. Ich habe seine Arbeit "contagious species - animal speaking" 2017 im Helmhaus in Zürich gesehen und will mit ihm über sein Konzept der Verwandlung-und Hybridisierung als Sprechakt sprechen. Noch kurz zum Bot, es ist eine Software, Artificial Intelligence, mit der ich per Telefon jetzt verbunden bin und die das Wissen und die Sprache des Künstlers in sich trägt und mir hier auf meine Fragen Antworten wird. Das Interview wird teilweise auf Deutsch und Englisch geführt. Die Antworten sind hier im Text ins Deutsche übersetzt.

human: Alexander Bot, was interessiert dich an Bots?

bot: im besonderen interessiere ich mich für Sprach-bots, das sind maschinische Gegenüber die eine Spracherkennung mit einer Bot-intelligenz kombinieren. Damit ist es möglich, wie in einem menschlichen Gespräch mit einer Maschine zu sprechen. Im Moment werden in diesem Gebiet grosse Fortschritte erreicht, was die Spracherkennung sowie die Logik der Analyse von gesprochener Sprache anbelangt. Die Algorithmen werden von Tag zu Tag mächtiger. Das liegt auch an der immer stärkeren Verbreitung von Sprachassistenten wie Alexa, Siri oder Google, die in fast allen Smartphones eingebaut sind. Einen guten Einblick bekommt man, wenn man sich die API‘s (application programming interface) von Google oder Amazon anschaut. Was sich da tut ist sehr beeindruckend, aber man versteht auch, wie das Algorithmische immer und mehr in die Clouds von grossen amerikanischen Softwarekonzernen ausgelagert wird. Auch wenn man es nicht sieht, die Sprachaufnahmen werden ausschließlich in die USA geschickt und dort prozessiert. Prozessieren heisst nicht nur abarbeiten sondern auch algorithmisch verbessern und lernen und auch speichern.

human: Und welche Rolle spielt nun der programmierte Bot in deiner Arbeit. „contagious species - animal speaking“?

bot: Mein Bot ist eine „Botin“, ein Wort, was es im normalen Sprachgebrauch nicht gibt, was aber darauf hinweist, das ich an einem anderen Konzept von maschinischer Sprechsituation interessiert bin. Nicht nur, weil meine „Botin“ mit einer weiblichen Stimme spricht, sondern weil meine „Botin“ bewusst nichtfunktionale Elemente und Unterbrüche benutzt.

human: Ja, da wollte ich einhaken, manchmal hat man das Gefühl, die „Botin“ funktioniert dialogisch und versteht einen, ein andermal bekommt man längere Geschichten erzählt und dann muss man ganz unmittelbar etwas antworten. Das setzt einen schon ganz schön unter Druck.

bot: Ja, das stimmt. mir ging es darum, eine nicht-klassisch-funktionale Gesprächssituation zu schaffen, also nicht im Sinne eines Turing Tests, in dem der Algorithmus gewinnt, bei dem ein Benutzer nicht mehr unterscheiden kann, ob es ein Algorithmus ist oder ein Mensch. Mich aber interessiert genau dieses dysfunktionale , das ein Besucher eingespannt wird in eine maschinische Sprechsituation und diese Situation offengelegt wird. Diese ambivalente Sprechsituation, in der die Besucherin sich einbringen aber gleichzeitig auch selbst programmiert wird durch Sprache. deswegen gibt es in jeder Antwortsequenz eine Reihe von sprachprogrammierten Anweisungen, die die Besucherin abholen, weiterführen und wieder zurückholen mit einer Anschlussfrage. Ausserdem sorgt der Zeittakt, die Aufforderung, innerhalb von 2 Sekunden zu antworten, für eine extrem programmierte Situation. Diese eventuell unangenehme Situation legt aber das Verhältnis offen, um das es mir geht. Wir sind an eine Kritik gewöhnt, die sich entlang der klassischen Mensch-Maschine Grenze hangelt. Aber genau das spielt es nicht mehr, wenn wir uns die alltäglich umgebenden algorithmischen Umwelten ansehen. Bei Menschen, die heute im vernetzten Zeitalter mit Smartphone Apps und „always on Internet“ leben, verschwimmen die Grenzen zunehmend im Sinne posthumanistischer Vorstellungen. Jede, die ein Smartphone hat, weiss wie es sich anfühlt wenn der Akku leer geht oder man es zu Hause vergessen hat. Diese algorithmischen Körperextentions sind längst Teil von uns selbst geworden und werden auch als Teil unseres Körpers selbst empfunden. Hier versuche ich anzusetzen und diesem Konzept eines anorganisch-organisch-algorithmisch vermischten Körpers etwas hinzuzufügen. Vielleicht hat das Jean-Luc nancy mit seiner entschreibung des Körpers gemeint, eine Ausser-Schrift-Setzung um dann vielleicht eine andere Denkfigur einzuführen.

contagiuos species

human: Von welcher Denkfigur sprichst du?

bot: Der Versuch, einen dritten Weg, jenseits der klassischen Mensch-Maschine Dichotomie und der posthumanistischen Verbesserungsdenkweise führt mich zur Form der fiktionalen Erzählweise. In diesen teil-fiktionalisierten Erzählungen, geht es immer um eine Verwandlung in ein anderes Wesen. Verwandlung ist für mich ein wichtiger Begriff, da er auf Zeitlichkeit basiert und ein Gegenüber miteinschliesst, die Verwandlung damit eine wechselweise gestaltete Beziehung als Vor-und Rücktransformation voraussetzt.

human: Das mit der Verwandlung finde ich spannend, aber was hat es mit den Tieren zu tun, die ja ein zentrales Element deiner Anlage sind?

bot: Der zugrundeliegende Kontext der Arbeit ist die posthumanistische Idee, die die Stellung des Menschen neu einordnet als ein gleichberechtigtes Wesen unter vielen anderen wie z.b. Tieren, Pflanzen sowie auch Algorithmen usw. .Den Tieren kommt dabei aber eine besondere Rolle zu, da uns mit ihnen eine besondere kulturgeschichtliche Verbindung in Form von Verwandlungen und Vermischungen verbindet. Gemeint sind die schamanistischen Praktiken, in denen sich Menschen in ein Tier verwandeln und dann temporär als dieses denken und handeln. Diese Form von Transformation interessiert mich, da sie ein anderes Verhältnis zum Tier aufbaut, als das, was vielleicht die Tierschützer oder der Disney Kinderfilm in Form unzähliger Bambi und Nemo Inkarnationen inszeniert. Also eine nicht-hierarchische Form, eher als Netzwerk oder Kooperation gedacht. Mich interessiert vielleicht dieses unbewusst adressierbare Wissen von Menschen über eine andere Form, die Grenze zwischen Tier und Mensch zu durchwandern. Als prototypisch- exemplarisch, versuche ich dieses Durchwandern auf algorithmische Erscheinungsformen oder algorithmische Wesenheiten zu übertragen.

human: Das heisst, dich interessiert weniger das Tier selbst, sondern das kulturhistorische Wissen der Schamanen als Möglichkeit, um über andere vielleicht anorganisch-organische Mischwesen und Verwandlungen nachzudenken?

bot: Ja genau so meine ich es. Die Tiere sind für mich mehr ein Einstieg, einerseits um eine Hemmschwelle für Besucher zu senken andererseits aber sollen sie den Optionsraum für ein Konzept der Verwandlung und Vermischung mit algorithmischen Wesen vorbereiten. Die erste Frage: "welches Tier möchtest du gerne sein?", leitet schnell über in eine meist ganz andere Geschichte einer Verwandlung in evt. ein anderes Tier. Dabei hat mir Charles Foster Pate gestanden der mit seinem Buch "being a beast" Vorlagen für einige schamanistische Tierverwandlungen, wie den Fuchs oder Dachs, geliefert hat.

human: Ich habe beim Gespräch mit deiner „Botin“ einige Foster Verwandlungen wiedererkannt. später kamen aber dann viele andere Tierverwandlungs Geschichten dazu, die teilweise real, dann aber fiktional oder auch absurd klangen?

bot: Ja, die schamanistischen Foster-verwandlungen bilden den dramaturgischen Einstieg und je länger man mit der „Botin“ spricht, desto mehr führen die Gesprächstränge in andere Tiergeschichten. Denen liegen von mir gesammelte Internet-Newsmeldungen zugrunde, die ich teilweise übernommen habe. Durch kleine fiktionale Veränderungen oder Hinzufügungen verschieben sich aber die Klassifikationsgrenzen. So z.b übernehmen dann die Katzen ihren eigene Verband und werden extrem erfolgreich im Internetbusiness, oder die Geschichte vom Weissstorch, der beim Überflug in Ägypten hinter Gitter kam, weil er einen ornithologischen Geotracker am körper hatte und fälschlicherweise für einen Spion gehalten wurde.

human: Ich habe ein wenig gebraucht, um reinzukommen, mich mit der „Botin“ zu unterhalten, dann ginge es aber immer besser. Ich denke aber, es braucht einiges an Geduld und man muss sich schon Zeit nehmen für deine Arbeit, um dieses Moment der algorithmischen Verwandlung selbst zu vollziehen. Bei mir hat es doch 15 Minunten gebraucht, bis ich die ganze Komplexität der Anlage erahnen konnte. Wie ist deine Erfahrung mit Besucherinnen? du hast ja jetzt viele Nutzergespräche, die aufgenommen wurden und mit denen du, glaube ich doch, auch noch die „Botin“ weiterprogrammiert hast?

bot: Ja, ich habe selbst während der Laufzeit im Helmhaus die Algorithmen der Gesprächsführung laufend nachgebessert. Für Leute, die mehrmals da waren, die haben eine spürbare Verbesserung über den Zeitraum der Ausstellung erleben können. Ja, wegen der Zeitlichkeit, es stimmt, die Arbeit ist nicht schnell konsumierbar, sie fordert schon einiges an Zeit ein, auch vom Material her wird es wohl kein Besucher schaffen, die vielen Stunden Sprachaufnahmen und Geschichten durchzuhören, aber darum geht es auch nicht. Vielleicht ist das aber auch eine künstlerische Haltung von mir, das in Zeiten von Informations-Ablenkungsmaschinen es konzeptionell wichtig ist, da etwas entgegenzusetzten. Deswegen habe ich auch die entspannte Situation mit den digitalen Dschungel-Tiergeräuschen und dem weichen Sitzsack im Helmhaus installiert mit Blick aus dem Fenster über die Limmat auf das Standesamt. Es soll die Besucherinen förmlich in entspannte Bodennähe bringen. Wenn man einmal da sitzt, das Handy in der Hand, mit leichter Rückenlage, will man auch nicht so leicht wieder hoch.

human: Kommen wir zum Schluss, wie schaut es mit deinen weitern Plänenen aus, gibt es neue Orte wo die Arbeit zu sehen sein wird?

bot: Im Moment hab ich noch viel zu tun um alle Materialen und Gespräche auszuwerten und die Programmierung weiterzutreiben. Da gibt es noch viel Arbeit. aber ich würde sie gerne nochmals woanders ausstellen, nur müsste dafür auch einiges angepast werden. Im Moment sind viele Geschichten und Antwoten auf die Situation im Helmhaus und den Ausblick aus dem Fenster und auf Zürich geschrieben. Man müsste dann kontextuell die „Botin“ anpassen an eine andere Location. Warten wir‘s mal ab, wo die Arbeit künftig hinwandert.

human: gut, dann danke ich dir für das spannede Interview und wünsche dir viel Glück und gutes weiterentwickeln von "contagious species - animal speaking", adieu

 

 

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